Prügelstrafe aufgehoben

Auf den Malediven drohten einem 15-jährigen Mädchen 100 Peitschenhiebe wegen "Unzucht"

Auf den Malediven drohten einem 15-jährigen Mädchen 100 Peitschenhiebe wegen "Unzucht"

Das Hohe Gericht der Malediven hat den Schuldspruch wegen des "Vergehens" außerehelicher sexueller Beziehungen gegen ein 15-jähriges maledivisches Mädchen und ihre Verurteilung zu Hausarrest und 100 Peitschenhieben aufgehoben. Amnesty International hatte sich gemeinsam mit anderen Organisationen für die Aufhebung des Schuldspruchs eingesetzt.

Sachlage

Am 26. Februar war ein fünfzehnjähriges Mädchen von einem Jugendgericht in der Hauptstadt Malé der "Unzucht" beziehungsweise des außerehelichen Geschlechtsverkehrs für schuldig befunden worden. Das Mädchen wurde zu acht Monaten Hausarrest und 100 Peitschenhieben verurteilt. Der Schuldspruch verstieß gegen internationale Menschenrechtsbestimmungen und führte weltweit zu empörten Reaktionen. Amnesty International gab Presseerklärungen und Urgent Actions zu diesem Fall heraus und brachte den Fall auch bei einem Treffen mit dem Präsidenten der Malediven im April zur Sprache. Gleichzeitig ging der Fall durch die internationalen Medien und über 2 Millionen Menschen unterschrieben die Online-Petition der Organisation Avaaz.

Im Zuge dieser zahlreichen Reaktionen gab das Büro des maledivischen Präsidenten eine Erklärung heraus, in der die Regierung bestätigte, dass das junge Mädchen sexuellen Missbrauch erfahren habe und deshalb als Opfer zu betrachten sei, und ihre Rechte "in vollem Umfang geschützt" werden sollten.

Auf den anhaltenden Druck hin legte der Generalstaatsanwalt Berufung gegen das vom Jugendgericht gefällte Urteil ein. Daraufhin hob das Hohe Gericht der Malediven den Schuldspruch und die Strafe am 21. August auf. Die Jugendliche kann sich nun wieder ganz frei bewegen, und ihr droht nicht länger die Prügelstrafe.

Das Mädchen war zunächst festgenommen worden, nachdem man im Juni 2012 die Leiche eines von ihr zur Welt gebrachten Säuglings gefunden hatte. Das tote Kind war vor ihrem Haus auf der maledivischen Insel Feydhoo begraben gewesen. Gegen den Stiefvater des Mädchens soll wegen sexuellen Missbrauchs und Mordes Anklage erhoben worden sein. Gegen die Mutter des Mädchens wurde wegen Verdeckung einer Straftat ebenfalls Anklage erhoben. Während der Ermittlungen stießen die Behörden auf Hinweise, die in einem separaten Fall eine Anklage gegen das Mädchen wegen "Unzucht" zuließen. Die Generalstaatsanwaltschaft erhob daraufhin am 25. November 2012 Anklage wegen "Unzucht" gegen die Fünfzehnjährige. Das Jugendgericht hatte sie unter dieser Anklage zu den dann vom Hohen Gericht aufgehobenen Peitschenhieben und dem Hausarrest verurteilt.

Amnesty begrüßt die Entscheidung des Hohen Gerichts, das Urteil aufzuheben, weist aber auch darauf hin, dass die Malediven zur Einhaltung ihrer völkerrechtlichen Verpflichtungen umgehend ein Moratorium für Prügelstrafen verhängen, alle verhängten Prügelstrafen annullieren und sicherstellen müssen, dass die Strafverfolgung und Bestrafung wegen "Unzucht" aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wird.

Vielen Dank allen, die Appelle geschrieben haben. Weitere Aktionen des Eilaktionsnetzes sind nicht erforderlich.